Mit wachsendem
Wohlstand sinkt die Gefahr gewaltsamer Konflikte
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen eindeutig:
Je ärmer ein Land, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass in diesem Land ein Bürgerkrieg
ausbricht. Je höher das Nationaleinkommen, desto geringer wird die Gefahr eines Waffengangs.
Statistisch betrachtet lässt ein Einbruch des Wirtschaftswachstums um fünf Prozent die
Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Konflikts um 50 Prozent ansteigen. Verdoppelt sich das Bruttosozialprodukt
von 250 auf 500 $ pro Einwohner, halbiert sich die Wahrscheinlichkeit, dass es den nächsten
fünf Jahren zum Bürgerkrieg kommt.
Natürlich sind die Ursachen eines Bürgerkriegs
vielfältig, doch der statistisch nachweisbare Zusammenhang ist eindeutig. Das zeigen verschiedene
Studien der letzten Jahre (u.a. Collier and Hoeffler, 2002 und Macartan Humphreys, 2003 und 2005).
Das sagt noch nichts darüber aus, ob Armut zu Krieg führt oder eher umgekehrt Konflikte
die Armut verstärken. In der Regel gilt beides. Eine wichtige Rolle spielen auch regionale
und soziale Unterschiede innerhalb eines Landes, die von statistischen Durchschnittswerten überdeckt
werden können.
Wohlhabende Gesellschaften sind besser in
der Lage, die geschaffenen Werte und Anlagen innerhalb des eigenen Landes zu schützen. Rebellen
haben es schwerer. Umgekehrt führt Armut oft zu Wanderungsbewegungen zwischen Regionen oder
vom Land in die Städte. Dadurch verschärfen sich Konflikte um Wasser, Ackerland oder
Rohstoffe, um ethnische oder religiöse Machtstrukturen.
Der wachsende Wohlstand im Zeitalter der Globalisierung
ist höchst unterschiedlich verteilt. Die Kluft zwischen armen und reichen Staaten und zwischen
gesellschaftlichen Gruppen innerhalb einzelner Länder ist in den vergangenen Jahrzehnten
dramatisch tiefer geworden. Parallel dazu konzentrieren sich bewaffnete Auseinandersetzungen immer
stärker auf die armen Regionen der Erde. Interessant dabei: Es lässt sich kein statistischer
Zusammenhang zwischen Wohlstand und zwischenstaatlichen Kriegen herstellen. Armut gefährdet
offenbar vor allem den innerstaatlichen Frieden.
Die entwicklungspolitische Konsequenz ist
klar: Wer Bürgerkriegen vorbeugen will, muss die Armut bekämpfen. Friedenspolitisch
besonders effektiv ist dabei die Entwicklungszusammenarbeit mit den ärmsten Staaten. Die
Wirklichkeit sieht freilich anders aus. Die meisten Industrieländer konzentrieren ihre Wirtschafts-
und Entwicklungspolitik auf Schwellenländer und fortgeschrittene Entwicklungsländer
- zum Nutzen der eigenen Wirtschaft, die an leistungsfähigen Handelspartnern und lohnenden
Absatzmärkten interessiert ist.
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